Der innere Kritiker: Warum du ihm nicht alles glauben musst

Es gibt da eine Stimme.
Sie meldet sich meistens dann, wenn du es gerade nicht gebrauchen kannst.
Wenn du aufgeregt bist, weil du etwas Neues wagst.
Wenn du dich über ein Kompliment freust.
Oder wenn du im Spiegel kurz denkst: „Heute siehst du eigentlich ganz schön aus.“

Und dann flüstert sie:
„Na ja… aber dein Bauch…“
Oder:
„Die anderen können das eh besser als du.“
Oder ganz leise:
„Warte ab, das geht bestimmt schief.“

Diese Stimme kennt dich gut. Sie weiß genau, wo du verletzlich bist.
Und sie hat gelernt, sich schlau zu tarnen: als Vernunft, als Perfektionismus, als Schutz.
Manchmal klingt sie sogar fürsorglich:
„Mach das lieber nicht – das ist zu riskant.“

Wir nennen sie den inneren Kritiker.
Ich nenne ihn manchmal auch die innere Spaßbremse.


Woher kommt diese Stimme in deinem Kopf?

Du bist mit ihr nicht auf die Welt gekommen.
Sie ist gewachsen – aus Erfahrungen, Erwartungen, Blicken, die zu lang auf dir ruhten, und Sätzen, die in deiner Kindheit öfter fielen als ein „Ich glaub an dich“.

Vielleicht hast du gelernt, dass du erst dann wertvoll bist, wenn du brav, perfekt oder nützlich bist. Vielleicht wurde dein Strahlen mal belächelt oder deine Ideen abgetan. Und irgendwann hast du begonnen, dich selbst zu bremsen – bevor es jemand anders tut.

Das ist traurig, ja.
Aber es ist auch heilsam, das zu erkennen.

Denn was gelernt wurde, kann auch wieder verlernt werden.


Wie du deinen Kritiker erkennst – und entwaffnest

Der innere Kritiker bist nicht du.
Er ist ein Teil von dir – aber er hat nicht das letzte Wort.

Du kannst ihn beobachten.
Du kannst ihn sogar freundlich begrüßen:
„Ah, da bist du wieder. Danke für deinen Hinweis – ich überlege mir das.“

Und genau in dem Moment beginnt etwas zu kippen: Du übernimmst wieder die Regie.

Er wird nicht verschwinden. Aber er verliert seine Macht, wenn du ihn nicht mehr automatisch für die Wahrheit hältst.
Wenn du dich an deine anderen Stimmen erinnerst:
Die Mutige. Die Freundliche. Die, die dich mag – selbst dann, wenn du gerade alles vermasselst.


Kreative Übung: Gib deinem Kritiker ein Gesicht

Schnapp dir Papier und Stift.
Und dann male ihn. Oder sie. Oder es.

Vielleicht ist es ein kleiner, mürrischer Gnom mit Brille.
Oder ein General mit Trillerpfeife.
Oder ein pingeliger Buchhalter mit Klemmbrett.
Ganz gleich – Hauptsache, du erkennst ihn.

Gib ihm einen Namen. Das schafft Abstand.
„Frau Immernochwas“ zum Beispiel. Oder „Herr Zweifelzwick“.
Und dann: zeichne weiter.

Male ihm eine Badeente in die Hand. Oder ein Partyhütchen. Lass ihn in einer Teetasse sitzen. Nimm ihm die Strenge. Mach ihn ein bisschen albern. Liebevoll lächerlich.

Und dann schreib einen Satz dazu:
„Ich hab dich gehört – aber ich geh trotzdem weiter.“


Fazit – Du hast die Wahl

Du wirst diese Stimme nie ganz los.
Aber du kannst ihr die Lautstärke runterdrehen.
Und du kannst entscheiden, ob du auf sie hörst – oder auf dich selbst.

Denn da ist eine andere Stimme in dir.
Eine, die dich anfeuert, statt dich zu bremsen.
Eine, die sagt:
„Du darfst Fehler machen. Du darfst glänzen. Du darfst du selbst sein.“

Und weißt du was?
Die meint es gut mit dir.
Und sie liegt meistens richtig.


Zum Mitnehmen:

„Manchmal sieht man das Strahlen – und ahnt nicht den leisen Kampf dahinter.“
Und manchmal beginnt Heilung genau dort:
Wo du anfängst, dir selbst zu glauben – und dem Kritiker freundlich „Danke, aber nein danke!“ sagst.

Illustration eines stilisierten Paares im warmen Aquarell-Disney-Stil: Eine Frau mit langen, dunklen Haaren, goldenen Ohrringen und elegantem Kleid blickt ruhig und selbstbewusst in die

Manchmal sieht man das Strahlen – und ahnt nicht den leisen Kampf dahinter.

Vertrauen stärken für ein positiveres Leben

Es gibt diesen einen Moment, der etwas verändert – ein Atemzug, ein Gedanke, ein stilles Innehalten, in dem du plötzlich spürst: Du musst dich nicht mehr anpassen und du darfst du selbst sein.

Vielleicht beginnt genau hier der Weg, von dem wir oft glauben, er führe über andere – dabei führt er zuerst nach innen: der Weg des Vertrauens. Es ist kein Ziel, das du erreichen musst, keine Fähigkeit, die du trainieren kannst, keine Rolle, die du ausfüllst. Es ist ein innerer Zustand, der sich entwickelt – ganz langsam, fast unmerklich, mit jeder Erfahrung, die dich stärkt, mit jedem Moment, in dem du dich selbst hältst, statt dich zu verlieren.

Psychologisch betrachtet ist Vertrauen eine der wichtigsten Grundlagen für ein erfülltes Leben. Es wirkt wie ein innerer Kompass – sanft, aber zuverlässig. Es stärkt die emotionale Resilienz, reduziert Stress und verbessert Beziehungen. Und es beginnt dort, wo du dich selbst erkennst – nicht als fertige Version, sondern als Mensch auf einem Weg der Entwicklung.

Eigenporträt von Yvonne Schütt in digitaler Schwarz-Weiß-Zeichnung, auf dem sie selbstbewusst vor einem Wolkenhintergrund steht.

Drei Ebenen, auf denen Vertrauen wächst

Vertrauen entsteht nicht auf einer einzigen Ebene. Es entfaltet sich im Zusammenspiel von Haltung, Gefühl und Klarheit – in deiner Beziehung zu dir selbst, zu anderen und zu dem, was dich durch das Leben trägt.

Diese drei Ebenen – die Basis, das Herz und der Kopf – ergänzen sich, fließen ineinander und bilden gemeinsam das Fundament für ein starkes, echtes, lebendiges Vertrauen.


Die Basis: Selbstwert und Selbstvertrauen

Alles beginnt mit dem, was du in dir über dich selbst fühlst. Wenn du spürst, dass du genug bist – auch ohne Leistung, auch ohne Beifall –, dann entsteht eine innere Sicherheit, auf die du bauen kannst. Eine Sicherheit, die dich trägt, auch wenn im Außen etwas schwankt.

Selbstvertrauen heißt nicht, dass du immer weißt, wie es weitergeht. Es heißt, dass du dir selbst zutraust, mit dem umzugehen, was kommt – auf deine Weise, mit deinem Tempo, mit deinem Maß an Kraft.

Impulse für dich:

Erinnere dich regelmäßig an Situationen, die du gut gemeistert hast – auch, wenn sie klein erscheinen. Nimm wahr, was du heute kannst, das dir früher schwerfiel. Sprich mit dir so, wie du mit jemandem sprechen würdest, den du liebst und ermutigen möchtest.

Ein stabiler Selbstwert verankert dich. Du gehst deinen Weg nicht, um anderen etwas zu beweisen – sondern weil du ihn als deinen erkannt hast.


Das Herz: Selbstmitgefühl, Resonanz und Beziehung

Vertrauen lebt von Zartheit, von Verbundenheit, von echter Begegnung – zuerst mit dir selbst.

Wenn du dir mit Freundlichkeit begegnest, wenn du dir verzeihst, wenn du dich aufrichtest, auch wenn du gefallen bist – dann entsteht in dir ein Raum, der dich wärmt. Und aus diesem Raum heraus kannst du auch anderen offen, echt und liebevoll begegnen.

Wahre Verbindung beginnt dort, wo du dich selbst nicht mehr verurteilst, sondern erkennst. Wo du dich spürst, auch mit den Anteilen, die unsicher sind, empfindsam, verletzlich.

Impulse für dich:

Sprich innerlich ein liebevolles „Ich sehe dich“ zu dir selbst – besonders in Momenten, in denen du dich schwach fühlst. Erlaube dir Pausen, nicht als Flucht, sondern als liebevolle Geste. Begegne anderen mit ehrlicher Aufmerksamkeit – und erlebe, wie sich dadurch auch dein eigener Blick weitet.

Beziehung gelingt nicht durch Perfektion, sondern durch Präsenz. Vertrauen wächst da, wo du dich zeigst – ohne Maske, ohne Erwartung, aber mit Herz.


🧠 Der Kopf: Klarheit, Orientierung und schöpferisches Denken

Vertrauen braucht auch den inneren Halt, der aus Klarheit entsteht. Vermeide Kontrolle und schaffe innere Ordnung.

Wenn du weißt, was dir wichtig ist, wenn du Entscheidungen treffen kannst, die mit deinen Werten übereinstimmen, wenn du in Gesprächen bei dir bleibst – dann entsteht ein Gefühl von Sicherheit, das nicht von außen kommt.

Vertrauen ist auch Denken – aber ein Denken, das verbindet, das neue Perspektiven zulässt, das kreativ und offen bleibt. Es zeigt sich in deiner Sprache, in deinem Handeln, in deiner Ausstrahlung.

Impulse für dich:

Nimm dir Zeit, deine inneren Werte aufzuschreiben – nicht theoretisch, sondern so, wie sie sich anfühlen. Achte auf deine Sprache: Welche Worte stärkst du? Welche Sätze tun dir gut? Erlaube dir, Fragen offen zu lassen – und vertraue darauf, dass Klarheit wachsen darf.

Deine Gedanken sind wie ein innerer Garten. Wenn du ihn pflegst, wenn du Unkraut mit Geduld entfernst und Platz machst für neue Sichtweisen, dann wird Vertrauen zu etwas, das du ausstrahlst – nicht laut, aber tief.


Vertrauen als Haltung – ein kraftvoller Anfang

Vertrauen ist eine innere Bewegung, ein wachsendes Einverständnis mit dir selbst. Es entsteht, wenn du aufhörst, dich zu überfordern, und anfängst, dich zu begleiten.

Vielleicht ist heute ein guter Tag, um einen leisen Satz zu denken, der dich erinnert.
Ein Satz wie: „Ich bin auf dem Weg – und ich gehe ihn mit mir.“

Du brauchst keine Antworten, um dich sicher zu fühlen. Du brauchst den Kontakt zu dir. Und den Mut, dich selbst als Verbündete/r zu wählen – gerade dann, wenn das Leben leise fragt, ob du dich noch spürst.


Fazit: Vertrauen als innere Haltung – sanft und stark zugleich

Vertrauen entfaltet seine Kraft dort, wo du mit Klarheit und Liebe ganz bei dir bleibst. Es spricht aus deiner Stimme, leuchtet in deinem Blick und zeigt sich in dem Raum, den du dir und anderen gibst.

Vertrauen schenkt dir die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, die deiner Wahrheit entsprechen. Es macht dich nicht unverwundbar – aber ehrlich. Nicht perfekt – doch zutiefst lebendig.

Vertrauen trägt. Immer.


Reflexionsfrage zum Weitergehen

Wann war der letzte Augenblick, in dem du dich selbst überrascht hast – nicht mit Leistung, sondern mit Liebe?

Ein Moment der stillen Freundlichkeit dir gegenüber, kraftvoller als jede Gewissheit.

Vielleicht war es nur ein sanfter Gedanke, ein tiefes Durchatmen – und plötzlich war da dieses leise, starke Gefühl: „Ich bin da. Für mich.“

Grenzen setzen lernen – Selbstfürsorge statt schlechtes Gewissen

„Manchmal ist Rückzug kein Davonlaufen, sondern ein leiser, liebevoller Weg zurück zu sich selbst.“

Selbstillustration von Yvonne Schütt: Eine Frau mit weißer Brille sitzt eingehüllt in eine Decke gemütlich auf einem Sessel, eine dampfende Tasse in der Hand. Ein blauer Vogel sitzt auf der Sessellehne. Die Szene strahlt Ruhe, Wärme und Achtsamkeit aus.

Es war einer dieser Tage, an denen selbst das Aufstehen schwerfällt. Nicht weil der Rücken zwickt oder das Bein eingeschlafen ist. Nein, das Herz war einfach müde. Ganz still murmelte es:
„Ich mag nicht mehr.“

Drei kleine Worte. Und doch so groß.
So mutig.
So wahr.

Denn in einer Welt, die ständig „Mehr!“ ruft – mehr leisten, mehr reden, mehr reagieren –, ist es fast schon ein kleiner Aufstand, wenn jemand sagt:
„Ich mag nicht mehr.“

Früher hätte ich gedacht, das sei Schwäche.
Heute weiß ich: Es ist ein Zeichen von Stärke.
Eine leise Rebellion für das eigene Wohl.

Ich mag nicht mehr …
… endlos durch Social Media scrollen und dabei zusehen, wie Menschen sich in ihren eigenen Meinungen verheddern.
Wie sie sich gegenseitig beschimpfen, statt einander zuzuhören.
Wie sie Dinge verteidigen, die uns als Gemeinschaft nicht guttun, sondern voneinander entfernen.
Ich mag das nicht mehr. Mein Herz auch nicht.

Ich mag nicht mehr, wenn Menschen Forderungen stellen, aber selbst nicht bereit sind, das Gleiche zurückzugeben.
Wenn sie sagen: „Du musst doch …“, aber nie fragen: „Was brauchst du gerade?“
Wenn sie Prinzipien predigen, aber sich selbst nie an die eigene Nase fassen.
Ich mag das nicht mehr. Mein Bauch wird davon ganz eng.

Ich mag nicht mehr, wenn meine Grenzen übergangen werden.
Wenn jemand denkt, „ach, das geht schon“, obwohl ich längst mit Blicken sage: „Ich brauche eine Pause.“
Ich mag es nicht mehr, mich erklären zu müssen, wenn ich mal nicht erreichbar bin.
Wenn ich mich zurückziehe. Offline gehe. Mich einrolle wie ein Kätzchen, das seine Ruhe will.
Nicht, weil ich nichts mehr geben will – sondern, weil ich erstmal wieder bei mir selbst ankommen muss.

Weißt du, das ist keine Schwäche. Kein Drama.
Das ist Selbsthygiene.
So wie Zähneputzen – nur eben für die Seele.

Und ich frage mich:
Was wäre, wenn wir das nicht als Rückzug sehen, sondern als einen mutigen Schritt?
Als etwas Reifes, Kluges, Weises?

Wenn wir nicht immer stark aussehen, sondern auch stark fühlen dürften?
Still. Klar. Echt.

Wir brauchen keine Menschen, die durchhalten bis zum Umfallen.
Wir brauchen Menschen, die wissen, wann es Zeit ist, still zu werden.
Nicht um wegzulaufen.
Sondern um besser sehen zu können.
Um wieder weich zu werden, da wo alles hart wurde.

Denn erst, wenn wir wieder mögen – uns, das Leben, die anderen –
dann kommen wir zurück.
Mit echtem Herzen. Mit offenen Augen. Mit Kraft.

Und vielleicht, nur vielleicht, braucht es mehr von uns,
die laut oder leise sagen:
„Ich mag nicht mehr.“
Und es sich erlauben.

Denn manchmal ist das der mutigste Schritt von allen.

🌿 “Es gibt kein Verbot für alte Frauen, auf Bäume zu klettern.” – Astrid Lindgren
Und es gibt kein Gesetz, das sagt, wir müssen immer weitermachen, wenn das Herz eigentlich eine Pause braucht.

Impressum * Datenschutz